Zugzwang – der Moment, in dem man am liebsten nicht ziehen würde
Wussten Sie, dass es im Schach eine Situation geben kann, in der es am besten wäre, überhaupt nicht zu ziehen? Diese Situation wird mit einem interessanten Wort bezeichnet: Zugzwang. Wie sieht Zugzwang aus und wie kann man ihn auf dem Schachbrett erreichen?
Das Wort Zugzwang stammt aus dem Deutschen und bedeutet „zum Zug gezwungen“. Es handelt sich um eine Lage, in der ein Spieler einen Zug machen muss – aber jeder mögliche Zug verschlechtert die Stellung.
In diesem Moment würde der Spieler am liebsten gar nicht ziehen und dem Gegner erlauben, noch einmal zu ziehen – was laut Schachregeln jedoch nicht erlaubt ist. Manche Spieler nutzen den Zugzwang als starke Waffe, um den Gegner in eine Falle zu locken.
Schauen wir uns den Zugzwang an einem Beispiel an. In diesem einfachen Bauernendspiel ist Schwarz am Zug. Er kann nur mit dem König nach d7 ziehen, was dem weißen König erlaubt, nach f7 vorzudringen und im nächsten Zug eine Dame zu bekommen.
Genau in so einem Moment würde Schwarz am Zug am liebsten gar nicht ziehen und dem Weißen erlauben, noch einmal zu spielen. Wenn jedoch erneut Weiß am Zug wäre, müsste er entweder seinen eigenen Bauern aufgeben oder Ke6 spielen – was zu einer Pattstellung führen würde, und die Partie würde als Remis gewertet.
Ein noch besseres und faszinierenderes Beispiel ist diese Stellung mit mehreren Figuren. Schwarz am Zug befindet sich in einer Falle – jeder mögliche Zug führt zur Niederlage.
Wie ist es möglich, dass jeder Zug verliert? Beginnen wir mit dem schlau platzierten Springer auf d4, der nicht geschlagen werden darf, weil der weiße Bauer im Eiltempo zur Dame läuft:
1...Kxd4 2. a6, Kc5 3. a7, Kb6 4. a8= Dame. 1:0
Der Springer ist nicht nur deshalb großartig, weil er unantastbar ist, sondern auch, weil er überall dort eine Gabel gibt (eine Figur angreift und gleichzeitig Schach bietet), wohin sich der schwarze Läufer bewegt. Überzeugen Sie sich selbst: Geht der Läufer nach c1 oder d2, folgt eine Gabel auf b3. Geht der Läufer nach f4, g5, g7 oder f8, gibt es eine Gabel auf e6.
Es lohnt sich für Schwarz nicht einmal, den Bauern von h2 in eine Dame umzuwandeln, denn der weiße König würde sie sofort vom Brett nehmen. In dieser Stellung ist Schwarz wirklich ratlos. Wäre jedoch Weiß mehrmals am Zug, könnte Schwarz die Stellung noch retten.
Wenn Weiß den Springer ziehen würde, wäre die Drohung der Gabeln verschwunden. Wenn Weiß den Bauern nach a6 zieht, würde der schwarze König ihm schnell folgen und ihn schlagen. Und wenn Weiß den Bauern von f2 zieht, hätte der schwarze Läufer endlich ein schönes freies Feld auf e3 – ein Feld, das der weiße Springer nicht erreichen kann.
Die einzige Chance für Weiß ist also, den König von g2 nach h1 zu ziehen, damit alle Drohungen bestehen bleiben. Im Schach darf jedoch nicht eine Seite mehrmals hintereinander ziehen – deshalb ist diese Stellung für Schwarz verloren. Zugzwang ist wirklich ein starkes Schachmotiv, das aus einer ausgeglichenen Stellung in Sekunden eine gewonnene machen kann.
Zum Schluss noch eine Stellung zum Üben: Sowohl Weiß als auch Schwarz haben zwei Figuren, deren Tausch zu einem Remis führen würde. Daher muss Weiß am Zug regelrecht zaubern und etwas spielen, das ihm den vollen Punkt sichert. Können Sie sich zwei Züge in Folge vorstellen, mit denen Weiß Schwarz in Zugzwang bringt? Die Lösung finden Sie am Ende dieses Blogs.
Zugzwang gehört zu den fortgeschritteneren Schachmotiven und lässt sich einfach als „Nachteil des Zugrechts“ bezeichnen. Dieses Motiv wird auch von den besten Spielern der Welt genutzt – es kann also eine starke Waffe sein, wenn wir verstehen, wie es funktioniert, und es an Beispielen trainieren.
Im klassischen Schach gibt es keine Möglichkeit, einen Zug auszulassen – die Spieler müssen sich abwechseln.
Wer jedoch seine Schachpartie etwas auflockern möchte, kann Schachkarten ausprobieren, bei denen eine Karte den Zug bestimmt, oder den Schachwürfel, der entscheidet, mit welcher Figur gezogen werden muss.
Lösung der Übungsstellung:
-
Lc6, Kb8
-
Lb7! – Schwarz ist im Zugzwang und muss den Läufer vom Schutz des Springers auf c7 wegziehen. Darauf folgt Lxc7 – ein wunderschönes Schachmatt mit zwei Läufern.
Autorin: Stella Sáňková, FIDE-Meisterin der Frauen im Schach
Hat Ihnen der Artikel gefallen? Zögern Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen.